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Petra och Ronny

Petra und Ronny

Gerade mal einen Tag in Borgvik hatte ich am Montag schon mein erstes „Date“ mit Petra und Ronny, einem liebenswerten Pärchen aus Mora. Die beiden haben mich kontaktiert, nachdem sie über einen Telegramkanal auf meinen Blog gestoßen sind und mich kennenlernen wollten. Natürlich habe ich zugesagt, schließlich liebe ich Geschichten, die erzählt werden wollen. Die beiden müssen aktuell aus traurigen Gründen nach Deutschland und schauen auf der Durchreise in Borgvik vorbei. Das entzerrt die Fahrt ein wenig.

Ich habe ob der hier sehr spärlichen Möglichkeiten natürlich sofort drei Plätze in der Mühle des Königs, der Kungskvarnen i Borgvik, reserviert. Online. Sind ja schließlich im Land der Digitalisierung. Bestätigung bekommen und per Mail vom Buchungssystem sogar noch eine Erinnerung am Vorabend, dass ich ja reserviert hätte. Also schlendere ich Montagabend langsam zum Restaurant, während ich mit dem Großen telefoniere. Wir diskutieren über die aktuelle Lage und die Herangehensweise der Lehrer, die den Schülern das Ukrainethema nahebringen. Als die beiden mir entgegenkommen, beende ich das Telefonat und wir stapfen gemeinsam zur Eingangstür. Verschlossen.

Zwar sah man beim Herankommen die Lichter in den Fenstern, aber das scheinen nur die obligatorischen Nachtlichter zu sein. Ich rufe bei der an Eingangstor angegebenen Telefonnummer an. „Wie das Kungskvarnen ist zu? Das kann ich gar nicht glauben.“ Ich erwidere, dass niemand zu sehen sei und wenn man genauer ins Fenster schaut, erkennt, dass der Ausschank offensichtlich nicht in Betrieb ist, weil im Dunkeln und auch die Hotelrezeption verlassen scheint. „Hotelrezeption? Ach Du bist in Borgvik, nicht in Stockholm? Ja das hat nicht geöffnet.“ Etwas verwundert lege ich dar, dass ich sehr wohl das Kungskvarnen in Borgvik reserviert habe und ich auch gestern noch eine Erinnerung des Buchungssystems erhalten habe. „Das haben wir dann wohl übersehen.“ Digitalisierung am Arsch, da in diesem System offensichtlich nicht einmal Öffnungszeiten hinterlegt sind. Tenor: Ändert alles nichts. Hier in Borgvik werden wir wohl heute kein Abendessen in einem Restaurant zu uns nehmen.

Petra und Ronny nehmen es mit Humor. Nach einer kleinen Recherche steigen wir in ihren Transporter und fahren nach Grums ins Pizza House. Beim Eintreten wird klar, es ist nicht der Edelitaliener mit einem guten Weinangebot, sondern eher das übliche Kebab und Pizza Etablissement. Tut aber der Sache überhaupt keinen Abbruch. Die Servicekraft ist freundlich, nimmt die Bestellung entgegen und wir beschnuppern uns ein wenig.

Die beiden sind nun schon seit zwei Jahren in Schweden und haben auch einen holprigen Einstieg gehabt. In ihrem Freundeskreis hatten einige das Gefühl, aus der BRD wegzumüssen. Es wurden viele Pläne geschmiedet, Träume geträumt und irgendwann gesagt, dass man gemeinsam etwas schönes in den skandinavischen Breiten akquirieren und zu neuem Glanz aufleben lassen möchte. Einen Selbstversorgerhof in einer Gemeinschaft, wo jeder seine Stärken ausspielen und so zu allem beitragen kann. Auch Petra und Ronny schätzen selbst und sinnvoll produzierte Lebensmittel. Tomate im Garten steht weit vor Ananas aus Übersee. Das gefällt und sorgt dafür, dass ich mich auch als Strohwitwer zwischen den beiden sehr wohlfühle. Nur mit der Umsetzung ihrer Pläne haperte es dann ein bisschen, weil die Bereitschaft, wirklich die Komfortzone zu verlassen, offensichtlich nicht bei allen gleich stark ausgeprägt waren.

Die Quintessenz ihrer Reise war schlussendlich, dass die beiden mit dem Budget eines Pärchens, statt drei oder vier, hier oben ihr Traumobjekt suchten. Die Möglichkeiten waren dadurch weitaus geringer, aber mehr als das Objekt war den beiden die Reise wichtiger. Es verschlug sie etwa 250 Autokilometer nördlich von Borgvik, wo sie gerade ein kleines aber feines Häuschen nach ihren Vorstellungen ausbauen. Von einem 15 Quadratmeterhäuschen im tiefsten schwedischen Winter, ohne Strom und fließendes Wasser, dafür mit sehr aufgeschlossenen und hilfsbereiten Schweden, hin zu dem Objekt, was sie nun wieder herrichten lagen einige, oft lustige Begebenheiten. Alles in seinem Tempo und zu seiner Zeit. Die beiden sind sehr abgeklärt und ruhen in sich. Ihre Erzählungen sind witzig, kurzweilig und aufregend. Die Chemie zwischen uns stimmt und ich werden von den beiden noch auf ein Glas Wein in ihr Übernachtungsappartement eingeladen.

Der Wein löst die Zunge weiter und wir geben noch die eine oder andere Anekdote zum Besten. Was sie denn am Meisten an Schweden störe, frage ich sie irgendwann. Die prompte Aussage: „Kräuter und Tee!“ Auf meine verwunderte Nachfrage stellte sich heraus, dass die beiden mit der Qualität der Küchenkräuter im Supermarkt ganz und gar nicht zufrieden sind. Es fehlt der Geschmack und die knackige Frische. Alles, was sie im Supermarkt bekommen, ist unbefriedigend und welkt nach einem Tag.

„Und der Tee! Nur grünen, weißen, Rooibos und schwarzen bekommt man hier. Schwarzen mit Apfel, mit Vanille oder mit Waldbeeren. Aber einen richtigen Kräutertee gibt es hier nicht. Nicht mal in den Teeläden, die in größeren Städten zu finden sind“, berichtet Petra. „Ich habe mir jetzt schon selbst welchen aus Birkenblättern und Wildkräutern gemischt. Was gäbe ich für eine vernünftige Auswahl an Kräutertees.“

Und wieder so eine Fügung, wie sie uns nun schon oft auf unserer Reise begegnet ist. Ich vermute, wenn wir unsere Produktion erst hochgefahren haben, werden die beiden wohl dankbare Abnehmer sein. Und die erste Großpackung bekommen sie geschenkt – versprochen. Gute Geschichten werden belohnt. Das war schon immer so und wird hoffentlich auch lange noch so bleiben. 

2 Kommentare

  1. Schulz Autor des Beitrages | März 8, 2022

    Na , Klasse das Grundstück und mit Zugang zum Wasser ….das ging ja schnell .. innen sieht das Haus auch sehr schön aus …Grüße Norbert

    • Ken Wolfgangsson Autor des Beitrages | März 8, 2022

      Psst. Das weiß doch noch keiner. Konnte Mama wieder ihre Schnute nicht halten? Ich sehe, selbst wenn das Internet zusammenbricht, funktioniert der Buschfunk weiter tadellos

      Herzliche Grüße nach Berlin

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