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Empört Euch – Part 2

Mein vorheriger Post war in einigen Punkten sicherlich verallgemeinernd und provozierend. Aber das war größtenteils auch so gewollt. Die liebe Blogger-Kollegin Helma , der ich nun schon ein, zwei Jahre folge, bat mich, doch nicht alle Menschen, die ab und zu seichte Kost im Fernsehen konsumieren in einen Topf mit den politisch Desinteressierten zu werfen. Das war auch nicht so gemeint. Auch schreibt sie, dass die Flut an schlimmen Nachrichten sie in Angst versetzt und ratlos macht.
 
Ja, die Angst kann ich nachvollziehen. Ich denke, die verspüren viele von uns. Selbst meine Kinder (8 und 11). Und ich habe auch nicht wirklich eine Ahnung, was ich ihnen antworten soll, wenn sie fragen, ob das in Deutschland auch passieren kann. Macht man ihnen Angst und erzählt ihnen die Wahrheit? Wie gut behütet sollten Kinder aufwachsen? Ab wann kann man ihnen erzählen, dass das Gute halt nicht immer gewinnt? Ein Patentrezept dafür habe ich ebenfalls nicht.
 
Auch fragt Helma: Wie empört man sich so, dass die Politik das nicht nur wahrnimmt, sondern auch ernst nimmt?
 
Das liebe Helma ist die Fragen aller Fragen. Als aller erstes sollte man sich überhaupt empören. Nichts ist schlimmer, als alles als gegeben hinzunehmen und das Handeln des Staates nicht mehr zu hinterfragen. Ganz sicher laufen hinter den Türen der Reichen und Mächtigen Dinge ab, die fürwahr schrecklich und entsetzlich sind. Aber das zu akzeptieren und zu resignieren ist meines Erachtens nach der falsche Weg. Es müssten sich genug Menschen empören. Aber das gelingt scheinbar nicht. Die Komfortzone des Einzelnen scheint halt immer noch groß genug zu sein.
 
In der Geschichte der Menschheit wurden immer nur große Dinge vollbracht, wenn die Menschen gemeinsam für etwas eingetreten sind. Und genau darin liegt unsere Chance, was sage ich, unsere Pflicht! Gemeinsam verbünden und „denen da oben“ klar machen, dass die westliche Welt nicht so weiter machen kann. Ich frage mich oft, wie ich selbst reagieren würde, wenn man meine Stadt niederbombt und meine Familie und Freunde dabei stürben. Und ganz ehrlich? Gott würde ich radikal!
 
Wir bekämpfen den (uns bedrohenden) Terror mit Gegengewalt, zerbomben Städte und Dörfer und nehmen Kollateralschäden in Kauf. Der Zweck heiligt die Mittel und es geht kein Aufschrei durch die Bevölkerung. Das Gewalt nur Gegengewalt fördert wissen wir nicht erst seit Syrien. Aber die Mehrheit sitzt passiv im warmen Wohnzimmer vor der Glotze und empört sich höchstens still. Und überhaupt auch nur, wenn es ums eigene Wohl und den Erhalt des Status Quo geht. Was mich aktuell so fassungslos macht, ist der Grad der Ungerechtigkeit mit dem wir uns im Alltag bereits abgefunden haben! Halt die fehlende Empathie.
 
Ich denke, wenn sich genügend Menschen empören würden, wäre die Politik nicht in der Lage, dass Ganze nur zu registrieren. Wir müssten die Politikerkaste verbal und mit guten Argumenten in die Ecke drängen und sie zwingen, wieder die Macht des Volkes zu repräsentieren und nicht die des Kapitalismus. Es gilt ganz klar die Pflicht zum Widerstand! Henry David Thoreau schrieb bereits vor mehr als 150 Jahren, dass man sich dem Recht des Staates nur beugen solle, wenn es mit dem perönlichen moralischen Recht übereinstimmt, sprich ein Gewissensrecht. „Wenn aber das Gesetz so beschaffen ist, dass es notwendigerweise aus dir den Arm des Unrechts an einem anderen macht, dann, sage ich, brich das Gesetz. Mach‘ dein Leben zu einem Gegengewicht, um die Maschine aufzuhalten. Jedenfalls muss ich zusehen, dass ich mich nicht zu dem Unrecht hergebe, das ich verdamme.“ (Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat, 1849)
 
Und dieses Statement scheint einmal ja wichtig für das deutsche Volk gewesen zu sein. Wie erklärt sich sonst, dass genau dieses Widerstandsrecht in Absatz 4 des Artikels 20 des Grundgesetzes verankert ist: Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
 
Und ziviler Ungehorsam kann sich auf verschiedene Art und Weise manifestieren. Was wäre denn, wenn das GANZE Volk eine Woche nicht arbeitet, nicht konsumiert, sondern vor dem Bundestag seine Meinung vertritt? Was wäre, wenn ein jeder sich weigerte, Steuern für eine Regierung zu zahlen, die eben nicht humanitäre und moralische Werte vertritt? Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht.
 
Eine gewaltsame Revolution würde halt genau meinen humanistischen, ethischen und moralischen Überzeugungen widersprechen. Stéphane Hessel schrieb in seinem „Empört Euch“, dass Gewaltlosigkeit das sicherste Mittel wäre, der Gewalt ein Ende zu setzen und man mit Gewalt nur die Terroristen in ihrer eigenen Sache unterstützt, da man ja die gleichen Mittel verwende. „Die Erkenntnis, dass terroristische Gewalt ihre Wirkung verfehlt, ist weitaus wichtiger als das Wissen, ob man Menschen, die zur Gewalt greifen, verdammen oder nicht verdammen sollte. Der Begriff der Wirksamkeit enthält ein Moment gewaltloser Hoffnung.“ (Empört Euch, 2011)
 
Ich für meinen Teil möchte jedenfalls nicht der Arm des Unrechts sein oder in stillschweigendem Unmut die Fehler der Politik ertragen. Wir waren einmal ein Volk der Dichter, Denker und Philosophen. Übrig geblieben ist ein empathieloses, ängstliches Volk, das nicht aufbegehrt und Ungerechtigkeit und Krieg stillschweigend hinnimmt.
 
„Völker/Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!“ So hieß es doch vor vielen, vielen Jahren und es hat nichts an Aktualität verloren. Wie heißt es bei den Occupy-Bewegungen so schön? WIR SIND DIE 99%. Dann lasst uns unsere Stimmen laut erheben! Das allein auf die Produktion ausgerichtete Denken, das der Westen propagiert, hat die Welt in eine Krise gestürzt, aus der sie sich nur befreien kann, wenn sie einen radikalen Bruch mit dem Drang nach „immer mehr“ vollzieht, im Finanzsektor, in Wissenschaft und Technik. Es ist höchste Zeit, dass die Sorge um Ethik, Gerechtigkeit und ein dauerhaftes Gleichgewicht in den Vordergrund tritt. Auch ein bisschen Demut kann nicht schaden. Denn sonst drohen äußerst große Gefahren. Sie können den Planeten Erde für den Menschen unbewohnbar machen.

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